Nordost

Berlin-Wahl 2023

Entscheidungshilfe: Mobilitätswende wählen!

Die Berliner Wiederholungswahl an diesem Sonntag 12.2. wird einen großen Einfluss auf den Fortgang der Mobilitätswende in Berlin haben, ob sie durch den künftigen Senat endlich beschleunigt vorangetrieben oder stattdessen ausgebremst wird.

Der VCD Nordost hat deshalb in den sechs Wochen seit der Weihnachtspause mit den verkehrspolitischen Sprecher:innen der demokratischen Parteien im Abgeordnetenhaus jeweils einzeln einen intensiven offenen Austausch geführt zu den sechs Themenfeldern, bei denen der VCD den dringendsten Nachsteuerungs-Bedarf sieht.

Wie die Parteien zu unseren Positionen stehen und jeweils ein Fazit aus unserer Sicht:

Hintergrundartikel zu den sechs Themenfeldern und unsere Positionen im Einzelnen findet ihr in unserem „Countdown zur Wahl: Sechs Wochen, sechs Themen zur Mobilitätswende“ unter

Wie die einzelnen Parteien ganz konkret zu den Themen des VCD Nordost stehen, findet ihr hier: Link zum PDF

Stephan Machulik, verkehrspolitischer Sprecher der SPD Fraktion:

Unser Fazit: Die SPD wird auch künftig kein Antreiber der Mobilitätswende sein. Aber es gibt Anknüpfungspunkte insbesondere bei der #VisionZero und E-Ladestruktur.

Die Positionen der SPD im Detail

Die SPD stehe hinter allen Zielen der Mobilitätswende, es gebe aber Umsetzungsprobleme, für die SenUMVK die Verantwortung trage.

Die SPD könne nichts dafür. Das 29 € Ticket für alle für Berlin AB will die SPD dauerhaft verstetigen als eigenes Berliner Angebot. Die Kosten müsste also Berlin alleine tragen. Zur Finanzierung sowohl des Tickets als auch des nötigen Ausbaus des Angebotes blieb er vage: „Das müssen wir uns leisten“. Die SPD sieht sich als „die ÖPNV Partei“, das gilt auch für neue U-Bahnen in die Außenbezirke.

Die Fragen, wie die Vorrangnetze für ÖPNV, Fahrrad und Fußverkehr vorangetrieben und möglichst entflochten werden sollten, wurde scheinbar nicht verstanden. Stattdessen ging es sehr allgemein um die drei Verkehrsarten: ÖPNV und Radnetz müssen ausgebaut werden, aber ohne Konflikte mit dem Fußverkehr, der besonders geschützt werden müsse.

Überraschend große Offenheit gab es zur #VisionZero, auch aufgrund persönlicher Betroffenheit. Die VCD Forderungen nach einer Ombudsstelle für Opfer und Hinterbliebene sowie für mahnendes Gedenken am Unfallort will er unterstützen und kann sich sogar vorstellen, nach tödlichen Unfällen die jeweiligen Kreuzungen erst nach Beseitigung der Ursachen wieder freizugeben.

Zur Parkplatzreduzierung wurde es wieder sehr schwammig: In Außenbezirken sei das theoretisch kein Problem, in der Innenstadt schwierig. Auf Flächengerechtigkeit ging er wenig ein. Überraschend klar jedoch seine Aussage, dass die (insbesondere von der SPD geforderte) E-Ladestruktur keine Parkplätze am falschen Ort festzementieren dürfe, sondern vor allem auf halböffentlichen Parkplätzen, Parkhäusern und Tiefgaragen gebaut werden müsse.

Antje Kapek, Sprecherin für Verkehrspolitik (Verkehrssicherheit und moderne Mobilität) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen:

Unser Fazit: Die Grünen stimmen nahezu vollständig mit den Positionen des VCD überein, insbesondere bei Flächengerechtigkeit und Parkraumreduzierung. Zur #VisionZero muss darüber hinaus auch die Innenverwaltung in die Pflicht genommen werden.

Die Positionen von Bündnis 90/ Die Grünen im Detail

Die GRÜNEN möchten die Mobilitätswende entschlossen vorantreiben, da dies wegen des Klimawandels und für eine lebenswerte Stadt notwendig sei.

Zum 29 € Ticket Berlin AB warnte sie vor Zerreißproben des VBB. Berliner Alleingänge stellten den Verkehrsverbund infrage, der unbedingt erhalten werden müsse. Anpassungen der Tarifstruktur müssten daher gemeinsam erfolgen. Als zusätzliche Finanzierungssäule sei perspektivisch eine Umlagefinanzierung vorstellbar, wenn mit dem 49 € Ticket vereinbar. Erster Schritt sei ein verpflichtendes Ticket für Berlin-Besucher.

Das ÖPNV Netz müsse schneller ausgebaut werden, insbesondere mit neuen Tramlinien, aber auch U-Bahnen seien nicht ausgeschlossen. Das Fahrradvorrangnetz muss bis 2030 ausgebaut sein, von dieser Forderung Abstriche zu machen sei das falsche Signal. Das Fuß-Vorrangnetz sollte sich wie vom VCD gefordert auf prioritäre Bereiche konzentrieren, sonst besteht die Gefahr, dass am Ende gar nichts passiert. Sehr interessant fand sie die VCD-Forderung nach Entflechtung der drei Vorrangnetze, um wirklich Vorrang im Straßenraum einzuräumen. Das sollte weiterverfolgt werden.

Zur #VisionZero fordert sie konsequente Kontrolle und Ahndung von Verkehrsverstößen, auch mit wesentlich mehr Blitzern, sowie Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit. Im Übrigen unterstützt sie die Forderungen des VCD nach einer Ombudsstelle für Opfer und Hinterbliebene sowie für mahnendes Gedenken am Unfallort. Dabei sollte auch die Innenverwaltung in die Pflicht genommen werden. Sie kann sich auch vorstellen, nach tödlichen Unfällen die jeweiligen Kreuzungen erst nach Beseitigung der Ursachen wieder freizugeben.

 

Kristian Ronneburg, Sprecher für Mobilität und Petitionen der Fraktion Die Linke:

Unser Fazit: Kristian Ronneburg war mit Abstand der kompetenteste Austauschpartner, sodass er zu allen Fragen bis ins Detail Auskunft geben konnte. Sehr weitgehende Übereinstimmung mit den Positionen des VCD, nur mit leichten Abstrichen in der Parkraumpolitik, mit Verweis auf Geringverdienende, die auf ihr Auto angewiesen seien.

Die Positionen von Die Linke im Detail

Die LINKE will die Mobilitätswende, man müsse aber alle mitnehmen und insbesondere auf Geringverdienende Rücksicht nehmen.

Statt reduzierter Tickets für Berlin AB, die von Berlin alleine subventioniert werden müssten, sollte man besser das 49 € Ticket für bestimmte Gruppen gezielt billiger anbieten. Dann gebe es auch mehr Spielraum zur Finanzierung des ÖPNV-Ausbaus.

Die LINKE setzt dabei vor allem auf Straßenbahnen, das Zielnetz von Pro Straßenbahn müsse beschleunigt umgesetzt werden. Ob bei Planung und Bau neuer Linien der Tram immer konsequent Vorrang eingeräumt werden kann, müsse man im Einzelfall sehen. Zur schnelleren Umsetzung des Radnetz Berlin setzt er auf landeseigene Kapazitäten durch Gründung eines Landesbetriebs für Straßenbau. Bis dahin sei die Projekteinheit Radverkehr der richtige Weg. Und das Radnetz darf nicht mit Fußverkehr in Konflikt kommen.

Zur #VisionZero unterstützt die LINKE die Forderung nach Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit. Im Übrigen unterstützt er die Forderungen des VCD nach einer Ombudsstelle für Opfer und Hinterbliebene sowie für mahnendes Gedenken am Unfallort. Er kann sich auch vorstellen, nach tödlichen Unfällen die jeweiligen Kreuzungen erst nach Beseitigung der Ursachen wieder freizugeben.

 

Felix Reifschneider, Sprecher für Verkehr, Klima und Umwelt der FDP Fraktion:

Unser Fazit: Über die Notwendigkeit nachhaltiger Entwicklungsziele waren wir uns ebenso einig wie in der Analyse, wo es aktuell bei der Mobilitätswende in Berlin hakt. Allerdings gab es keine eigenen Lösungsansätze außer mehr Parkhäuser und Verflüssigung des Kfz-Verkehrs durch Digitalisierung. Anknüpfungspunkte gab es zur Bepreisung von Parkraum. Aber selbst ein allgemeines klares Bekenntnis, dass wir eine Mobilitätswende brauchen, war leider nicht zu hören.

Die Positionen der FDP im Detail

Aus Sicht der FDP sei das 1,5 Grad Ziel realistisch nicht mehr zu erreichen, 2,0 Grad sehr ambitioniert und dafür müsse mehr passieren.

Das 49 € Ticket sei, wie schon das 9 € Ticket, ein Verdienst der FDP, für Probleme bei der Umsetzung und auch die dauerhafte Finanzierung seien jedoch die Länder zuständig. Mit Blick auf die Kosten seien die 49 € ein Einführungspreis, der nach 2025 sicher steigen werde. Eigene Berliner Tickets lehnte er mit Blick auf die Kosten ab, plädierte aber für regional zubuchbare Add-ons z.B. für Fahrradmitnahme oder für Mitfahrende in Randzeiten oder am Wochenende.

Ein ÖPNV-Vorrangnetz unterstützt er, ausdrücklich auch mehr Busspuren, wofür die Restriktionen (Bsp. Clayallee) gelockert werden müssten, was allerdings Bundessache sei. Neue Tramlinien sollten grundsätzlich mit besonderem Gleiskörper gebaut werden. Linien, wo das möglich sei, sollten daher priorisiert (und die anderen zurückgestellt) werden. Problem seien insbesondere die Bestandslinien, hier könnten intelligentere Ampelschaltungen durch Digitalisierung helfen.

Sichere Radwege sollten zügig und flächendeckend ausgebaut werden. Wo es Konflikte mit aktuellen Parkplätzen gebe, sollten die Standards für Radwege aber auch unterschritten werden können. Die Fahrradstraßen z.B. in Pankow funktionierten nicht. Auf Nachfrage stellte er klar, dass natürlich auch gegenüber Autofahrenden die StVO durchgesetzt werden müsse, er sei aber kein Freund von Pollern.

Für den Fußverkehr sollten insbesondere Gehwegschäden stadtweit behoben werden. Gehwegvorstreckungen und Zebrastreifen seien richtig, auch für den Fußverkehr könnten Ampelschaltungen verbessert werden. Auf das Vorrangnetz ging er nicht ein.

Zur #VisionZero forderte er schnellere Maßnahmen nach schweren Unfällen, aber keine längeren Sperrungen. Zentral sei die Durchsetzung der StVO gegenüber allen Verkehrsteilnehmenden.

 

Oliver Friederici, verkehrspolitischer Sprecher der CDU Fraktion:

Auf unsere Einladung antwortete Herr Friederici, dass er an den zwei von uns angebotenen Terminen nicht könne. Auf unser darauf folgendes Angebot, einen beliebigen anderen Termin vor der Wahl für einen Austausch frei zu vereinbaren, antwortete er, dass er doch schon gesagt habe, vor der Wahl keine Zeit zu haben. Wir könnten gerne nach der Wahl einen Termin vereinbaren.

Unser Fazit: Offensichtlich bestand kein Interesse für einen Austausch, ob und wie die Mobilitätswende in Berlin weitergehen soll. Das ist umso bedauerlicher, als wir vor der Wahl 2021 bereits einen Austausch hatten, den beide Seiten als positiv und fair bezeichneten.

Gemeinsam für Verkehrswende und Klimaschutz!

 

VCD-Mitglied werden!

Newsletter des VCD Nordost abonnieren!