Seit März 2020 gibt es in Luxemburg keine Fahrscheine mehr zu kaufen. Denn der öffentliche Nahverkehr ist seither kostenlos für alle. Wer den Zug, Bus oder eine Tram nehmen möchte, steigt ein und fährt mit.
Luxemburg ist das erste Land der Welt, das seinen ÖPNV gratis anbietet. Diesen radikalen Schritt ging das Nachbarland von Deutschland, weil es von Autos geradezu überrollt wird. In keinem anderen europäischen Land besitzen die Menschen so viele Autos wie in Luxemburg. Hinzukommen täglich über zweihunderttausend Autos, mit denen Pendler:innen aus Frankreich, Belgien und Deutschland in das Land hineinfahren.
Luxemburg will sich von dieser Blechlawine befreien. Dass ein kostenloser ÖPNV nicht ausreichen wird, um das zu erreichen, davon geht der luxemburgische Minister für Mobilität, François Bausch, aus. Für ihn ist dieses Angebot nur ein Baustein von vielen, das die Mobilität der Zukunft formen wird. Was genau notwendig sein wird, das will Luxemburg schrittweise herausfinden. Das Land versteht sich als "Laboratorium" für Mobilitätskonzepte.
Zur aktuellen Strategie gehört auch, dass Luxemburg bis 2025 die Zahl der Park&Ride-Parkplätze an seinen Bahnhöfen verdoppelt wird und dass es seine Bahnhöfe ausbaut, allen voran den Hauptbahnhof in Luxemburg-Stadt, der seine Kapazitäten um 40 Prozent steigern wird. Vor allem dessen Gleise werden laut Mobilitätsministerium neu angeordnet. „Sie werden so angelegt, dass alle Linien eigene Bahnsteige haben, ohne andere Gleise kreuzen zu müssen. Die Tatsache, dass sich die Gleise nicht mehr kreuzen werden, wird vor allem die Pünktlichkeit der Züge weiter verbessern. Dies ermöglicht es unserem Infrastrukturbetreiber, fast 1000 Züge pro Tag zu bewältigen, während ein großer Bahnhof wie Frankfurt/Main mit 1200 Zügen nur wenig mehr bewältigen muss“, schreibt das Ministerium für Mobilität von Luxemburg.
Das Gratisangebot im ÖPNV hält Bausch nicht in jeder Stadt für sinnvoll, aber für Großstädte wie Berlin kann er sich das gut vorstellen. Doch auch dort braucht es seiner Ansicht nach eine Gesamtstrategie: "Wenn Sie einen schlecht organisierten öffentlichen Verkehr umsonst machen, werden dadurch nicht mehr Leute auf den ÖPNV umsteigen. Es ergibt nur Sinn, wenn es in ein Gesamtkonzept eingebettet wird“, sagte er in einem Interview für n-tv.
Interview mit dem luxemburgischen Minister für Mobilität François Bausch im Frankfurter Holm-Blog: blog.frankfurt-holm.de/beitrag/francois-bausch-ueber-den-oepnv-in-luxemburg
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