VCD Nordost aktuell
10,20 Euro pro Jahr – so viel kostet ein Anwohnerparkausweis in Berlin aktuell. Weniger als ein Monatsticket für den Nahverkehr, weniger als ein Mittagessen in der Kantine. Und: Weniger als der Verwaltungsaufwand, den dieser Ausweis verursacht. Pro Jahr zahlt die Stadt rund 8,30 Euro pro Antrag drauf. Das bedeutet: direkte Kosten für den Steuerzahler – eine staatliche Subventionierung eines individuellen Privilegs. Diese Praxis ist nicht nur ineffizient, sondern auch ungerecht. Öffentlicher Raum ist begrenzt, und wer ihn dauerhaft nutzt oder blockiert, sollte dafür einen fairen Preis zahlen - Parkplätze sind kein Naturrecht.
Berlin ist mit seinen 10,20 Euro bundesweit Schlusslicht. Städte wie Köln und München liegen bei einem ebenfalls viel zu niedrigen Preis. Dort zahlen Anwohnende 30 Euro pro Jahr. Doch es gibt auch positivere Beispiele. In Trier und Ulm sind es 200 Euro. In Münster sogar 260 Euro. Im Durchschnitt der 31 größten deutschen Städte zahlen Anwohnende zumindest rund 120 Euro im Jahr. Doch erst der Blick nach Europa zeigt, wie weit Berlin wirklich hinterherhinkt: In Amsterdam und Helsinki liegt die Jahresgebühr bei über 500 Euro, in Stockholm sogar bei mehr als 1.300. Das zeigt: Es geht fairer, es geht klimagerechter – und es geht ambitionierter.
Natürlich ist eine Gebührenerhöhung nicht alles. Sie muss Teil einer Gesamtstrategie sein: Ausbau von Bus und Bahn, sichere Radwege, mehr Platz für Zufußgehende. Doch ohne diesen Impuls bleibt die Verkehrswende halbherzig. Wer es ernst meint mit Klimaschutz und städtischer Lebensqualität, kommt an dieser Debatte nicht vorbei. Einnahmen aus Anwohnerparkausweisen können gezielt in nachhaltige Mobilität fließen – in zusätzliche Buslinien, Radwege oder sichere Schulwege. Städte wie Amsterdam oder London zeigen längst, wie man mit intelligenterer Preisgestaltung echten Wandel fördern kann.
Ein modernes System sollte dabei auch soziale und ökologische Unterschiede berücksichtigen. Denkbar wären variable Gebühren je nach Fahrzeuggröße oder Emissionen – wie in London: Dort zahlen die schadstoffintensivsten Fahrzeuge umgerechnet über 1.200 Euro, während emissionsarme E-Autos mit 190 Euro deutlich günstiger parken.
Wer Parkraum als wertvolle Ressource begreift, handelt im Sinne aller. Denn jede Fläche, die nicht durch stehende Autos belegt ist, kann zu einem Ort für Begegnung, Bewegung oder Begrünung werden. Wer das versteht, erkennt: Höhere Parkgebühren sind kein Angriff auf Autofahrer*innen – sondern ein Gewinn für die ganze Stadtgesellschaft.
Kai Wegner (CDU) hat angekündigt, die Parkgebühren „sicher anzuheben“ – aber ohne Zahlen, ohne Zeitplan. Aufschub bis 2026 ist keine Lösung. Wer es ernst meint mit fairer Stadtentwicklung, muss jetzt handeln – nicht irgendwann.