Pressemitteilung
VCD Nordost aktuell
Der abrupte Wechsel von Staatssekretär Johannes Wieczorek aus der Berliner Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt (SenMVKU) ins Bundesverkehrsministerium (BMV) wirft erneut ein Schlaglicht auf die Führungskrise in der Berliner Verkehrspolitik. In den Augen des ökologischen Verkehrsclub Deutschland (VCD) Nordost stellt der kurzfristige Rücktritt von Herrn Wieczorek einen weiteren Rückschlag für eine Verwaltung dar, die sich ohnehin bereits durch hohe Fluktuation und einen Mangel an strategischer Klarheit auszeichnet.
Berlin, 20. Mai 2025
Verkehrspolitik ohne Richtung und Rückhalt
Menschen, die sich mit fachlicher Expertise für eine moderne Verkehrspolitik einsetzen, sehen in der Berliner Senatsverwaltung für sich keine Zukunft. Dies ist ein weiteres Alarmsignal für den Zustand der Verkehrsverwaltung und den herrschenden Stillstand bei der Mobilitätswende.
Der VCD Nordost weist darauf hin, dass der nunmehr dritte personelle Abgang in leitender Funktion seit dem Amtsantritt von Verkehrssenatorin Ute Bonde ein ernstes strukturelles Problem offenbart. Es fehlt nicht nur an Personal, sondern vor allem an politischem Kurs, echter Dialogbereitschaft und Gestaltungswillen.
„Der Rückzug von Herrn Wieczorek zeigt, wie wenig Raum offenbar in der Senatsverwaltung für eine fachlich geleitete Mobilitätspolitik vorhanden ist. Stattdessen dominiert die Umsetzung parteipolitischer ideologiegetriebener Vorgaben, die stets den Autoverkehr vor allen anderen Fortbewegungsarten priorisieren – ohne jede Fachexpertise oder Fähigkeit zum offenen fachlichen Austausch“, kommentiert Heiner von Marschall, Landesvorsitzender des VCD Nordost.
Ideologische Prioritäten statt zukunftsfähiger Mobilität
Der VCD Nordost kritisiert, dass unter der aktuellen politischen Führung zentrale Projekte der Verkehrswende ins Stocken geraten sind: Planungen für den Radverkehr wurden eingefroren, neue Straßenbahnlinien auf Eis gelegt und Beteiligungsformate wie die Kiezblocks gestrichen; dabei wären genau solche Maßnahmen entscheidend für eine sichere, umweltfreundliche und sozial gerechte Mobilität. Deshalb würden beispielsweise für Radschnellverbindungen und Tramlinien auch Fördermittel von Seiten des Bundes zur Verfügung stehen, die Berlin nun ungenutzt verstreichen lässt.
Gleichzeitig werden Neubauprojekte für den Autoverkehr weiterhin vorangetrieben – trotz knapper Haushaltsmittel und wachsender infrastruktureller Defizite an anderer Stelle. „Radwegestopp, Tramstopp, Kiezblockstopp, Millionen von Fördergeldern für zukunftsfähige Mobilität verfallen lassen – aber an Neubauprojekten für Schnellstraßen und Autobahnen festhalten, die niemand bezahlen kann, während die vorhandenen Berliner Brücken schon zusammenbrechen“, so von Marschall weiter.
Die vom CDU-geführten Senat proklamierte „Mobilitätspolitik für alle“ darf nicht allein darauf hinauslaufen, die Dominanz des Privat-PKWs in allen Straßenräumen verbissen zu verteidigen. Stattdessen bedarf es einer effizienten Nutzung der begrenzt vorhandenen Fläche unter Berücksichtigung unterschiedlichster Mobilitätsbedürfnisse: Dies umfasst Lieferzonen für den Wirtschaftsverkehr, eine Beschleunigung des ÖPNV durch eigene Trassen und Vorrangschaltungen genauso wie ein flächendeckendes Netz sicherer Radwege und die konsequente Priorisierung des Fußverkehrs in urbanen Zentren – für Kinder auf dem Schulweg, ältere Mitbürger*innen und alle Menschen, die sich unsicher fühlen. Zusätzlich braucht es dringend mehr Entsiegelung und Begrünung für eine klimaresiliente Stadt.
Expertise statt Ideologie – Dialog statt Konfrontation
Der VCD Nordost fordert einen klaren Kurswechsel: Weg von einsamen Entscheidungen im Hinterzimmer – hin zu einer transparenten, evidenzbasierten Mobilitätspolitik auf der Basis eines ehrlichen Austausches mit der Zivilgesellschaft und den ansässigen Fachverbänden. Berlin braucht eine Verkehrspolitik, die sich an Klimazielen, Sicherheit und Lebensqualität orientiert – und die vorhandenen Erkenntnisse aus Verkehrswissenschaft und Unfallforschung aktiv einbindet. Dieses Potenzial ist in Berlin reichlich vorhanden, wird aber vom aktuellen Senat kaum genutzt.
„Berlin braucht keine Wagenburgmentalität im ideologischen Sandkasten, sondern einen Neustart in der Mobilitätspolitik – mit Transparenz, Mut zur fachlichen Auseinandersetzung und echtem Willen zur Zusammenarbeit. Die Menschen in dieser Stadt verdienen sichere Wege, funktionierende Mobilitätsangebote und eine klimaverträgliche Perspektive. Der VCD Nordost steht verkehrsartenübergreifend dafür gerne als Gesprächspartner bereit – wir bringen verkehrspolitische Erfahrung, lokal verankertes Wissen und die Perspektive der Menschen vor Ort mit“, so von Marschall abschließend.
Über den VCD Nordost
Der VCD (Verkehrsclub Deutschland) setzt sich ein für Mobilität für Menschen, ein positives Miteinander aller Verkehrsarten und eine ökologische Verkehrswende. Schwerpunkte sind dabei die Förderung des Umweltverbundes (ÖPNV, Fahrrad und Fußverkehr) und mehr Verkehrssicherheit gerade auch für die schwächeren Verkehrsteilnehmer: Kinder, Ältere und Menschen mit Mobilitätseinschränkungen. Der VCD Nordost ist der Landesverband für Berlin und Mecklenburg-Vorpommern.
Kontakt für Rückfragen:
Heiner von Marschall
Landesvorsitzender VCD Nordost
E-Mail: heiner.v.marschall@vcd-nordost.de
Tel.: 0174 465 65 23