Verkehrssicherheit,
Pressemitteilung
VCD Nordost aktuell
Pressemitteilung
Berlin, 18. März 2025
Anstieg der Verkehrstoten in Berlin 2024: VCD fordert entschlossene Maßnahmen für mehr Verkehrssicherheit
Am 28. Februar hat das Statistische Bundesamt die Verkehrsunfallbilanz für 2024 veröffentlicht. Die Zahlen sind für Berlin alarmierend: Bundesweit geht die Zahl der Verkehrstoten zurück. Doch in Berlin ist währenddessen ein starker Anstieg zu verzeichnen. 55 Menschen kamen 2024 laut offizieller Statistik im Berliner Straßenverkehr ums Leben – ein drastischer Anstieg gegenüber den 33 Todesopfern im Jahr 2023. Nach den Zahlen des VCD Nordost waren es sogar 56 Tote im Jahr 2024 nach 38 Toten im Jahr 2023. Die Abweichungen liegen an bestimmten Zählweisen und werden auf unserer Seite transparent dargestellt: https://nordost.vcd.org/ziele/verkehrssicherheit/verkehrstote-in-berlin.
Doch anstatt klare Konsequenzen aus diesen erschreckenden Zahlen zu ziehen, liefern die Verantwortlichen Relativierungen und lenken die Verantwortung vor allem auf die Opfer selbst.
Polizeipräsidentin Barbara Slowik Meisel betonte, dass Berlin im bundesweiten Vergleich bei den Verkehrstoten pro Kopf sehr gut dastehe. Doch diese Behauptung ist absolut irreführend. Alle Stadtstaaten haben generell die niedrigste Anzahl an Verkehrstoten in der Darstellung pro eine Million Einwohner. Zum Vergleich: In Berlin kamen 2024 auf eine Million Einwohner 15 Verkehrstote, in Bremen 17 und in Hamburg 21. In all diesen Städten gibt es keine Landstraßen – und gerade diese sind diejenigen Verkehrswege, auf denen mit großem Abstand die meisten tödlichen Verkehrsunfälle in Deutschland passieren. Zahlen für 2024 wurden hierzu noch nicht veröffentlicht, doch 2023 starben von insgesamt 2.788 Verkehrstoten ganze 1.232 allein auf Landstraßen. Das entspricht fast der Hälfte aller Todesfälle im Straßenverkehr. Berücksichtigt man diesen Faktor und rechnet die Landstraßen-Toten aus der bundesweiten Statistik heraus, ergibt sich für Deutschland eine durchschnittliche Quote von 14,6 Verkehrstoten pro eine Million Einwohner – und damit sogar ein niedrigerer Wert als in Berlin. Sich also auf den bloßen Vergleich zu berufen und damit den drastischen Anstieg der Verkehrstoten in Berlin zu relativieren, während man diese Siedlungsgegebenheiten ignoriert, ist nicht nur unsachlich, sondern auch respektlos gegenüber den Unfallopfern und ihren Angehörigen.
Verkehrssenatorin Ute Bonde stellte ausgerechnet das Verhalten der am meisten gefährdeten Verkehrsteilnehmenden in den Mittelpunkt und forderte mehr Verkehrserziehung für Kinder und Senioren. Die tatsächliche Gefährdungslage bleibt unberücksichtigt – mangelnde Kontrollen gegenüber den motorisierten Verkehrsteilnehmenden, von denen die höchste Tötungsgefahr ausgeht, wurde nicht thematisiert. 2024 betrafen über 50 % der Verkehrskontrollen Radfahrende, während nur ein knappes Drittel der Kontrollen auf den Autoverkehr entfiel – obwohl Kraftfahrzeuge mit einem enormen Abstand die größte Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer darstellen. Ein Zusammenstoß zwischen Fußgängern oder Radfahrenden endet kaum tödlich. Pkw und Lkw hingegen bergen durch Masse und Geschwindigkeit ein vielfach höheres Tötungspotenzial. Zudem wurde von offizieller Seite darauf verwiesen, dass sich der Autoverkehr in Berlin zunehmend verdichtet – als sei dies ein unveränderlicher Umstand, anstatt ein Problem, das durch verkehrspolitische Maßnahmen gezielt angegangen werden könnte.
„Es geht darum, die Gefährdung durch den motorisierten Verkehr entschlossen zu reduzieren, anstatt an die Schwächsten zu appellieren, wie sie besser aufpassen könnten.“ sagt Heiner von Marschall, Landesvorsitzender des VCD Nordost.
Bundesweiter Rückgang der Verkehrstoten – Berlin als negativer Ausreißer
Während die Zahl der Verkehrstoten in Berlin drastisch gestiegen ist, zeigt die bundesweite Statistik eine andere Entwicklung. Nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes sind im Jahr 2024 deutschlandweit 2 780 Menschen bei Unfällen im Straßenverkehr ums Leben gekommen. Das sind 2 % oder 59 Todesopfer weniger als im Jahr 2023 (2 839 Todesopfer). Es ist der drittniedrigste Wert seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 1953.
Diese Zahlen zeigen, dass gezielte Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit wirken können. Berlin jedoch bildet mit seinem starken Anstieg der Verkehrstoten eine Ausnahme – ein deutliches Zeichen, dass hier entschiedene Gegenmaßnahmen erforderlich sind.
Besonders betroffen sind hier die sogenannten schwächeren Verkehrsteilnehmer, welche besonders durch ihr genutztes Verkehrsmittel oder auch durch altersbedingte Vulnerabilität benachteiligt sind:
Diese Zahlen verdeutlichen die dringende Notwendigkeit, die Sicherheit für Fußgänger, Radfahrer und ältere Menschen zu erhöhen.
Der VCD fordert daher eine konsequente Fortführung der Mobilitätswende zur Reduzierung des Kfz-Verkehrs und für eine sichere Infrastruktur mit folgenden Maßnahmen:
„Wenn der Berliner Senat sein Ziel ernst nimmt, insbesondere die Verkehrssicherheit zu erhöhen, dann muss er insbesondere den Kfz-Verkehr reduzieren, von dem die größte Gefahr ausgeht. Dass die Zahl der Verkehrstoten in Berlin gegen den Trend signifikant gestiegen ist, ist kein Grund, sich auf die Schulter zu klopfen, sondern ein schrilles Alarmzeichen, dass endlich etwas passieren muss“, fordert von Marschall.
Pressekontakt VCD Nordost:
Heiner von Marschall, Landesvorsitzender
Email: heiner.v.marschall@vcd-nordost.de Tel: 0174 465 65 23
Der VCD (Verkehrsclub Deutschland) setzt sich ein für Mobilität für Menschen, ein positives Miteinander aller Verkehrsarten und eine ökologische Verkehrswende. Schwerpunkte sind dabei die Förderung des Umweltverbundes (ÖPNV, Fahrrad und Fußverkehr) und mehr Verkehrssicherheit gerade auch für die schwächeren Verkehrsteilnehmer: Kinder, Ältere und Menschen mit Mobilitätseinschränkungen.
Der VCD Nordost ist der Landesverband für Berlin und Mecklenburg-Vorpommern.