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Ersatzkonzept zur Streckensperrung Berlin-Hamburg: VCD entsetzt über Ignoranz gegenüber Bahn-Pendlern

Ersatzkonzept vernachlässigt Pendelnde aus Brandenburg und Berlin – zu wenig Kapazitäten und weite Umwege

Von August 2025 bis April 2026 wird die Bahnstrecke Hamburg - Berlin aufgrund von Bauarbeiten voll gesperrt und der Zugverkehr eingeschränkt und umgeleitet. Am 10. Februar wurde das Ersatzkonzept für den Regionalverkehr vorgestellt. Die Bahn rühmt sich, mit einem Mega-Angebot an Linien und Bussen unterwegs zu sein. Für die Zehntausenden Pendler aus dem Havelland und der Prignitz weist das Konzept jedoch einige Mängel auf. Es ist deshalb wahrscheinlich, dass während der achtmonatigen Sperrung viele auf das Auto umsteigen. „Es ist zu befürchten, dass viele Pendler auch danach dem Auto treu bleiben, denn eine komplette Streckenstilllegung über mehrere Monate untergräbt die Verlässlichkeit des Bahnangebots grundlegend“, befürchtet der Verkehrsplaner Robert Hänsch, Sprecher der Arbeitsgruppe ÖPNV des ökologischen Verkehrsclubs VCD Brandenburg.

Parallele Sperrung des RE 6 äußerst problematisch 
Großes Unverständnis besteht aus Fahrgastsicht insbesondere über die parallele Sperrung des RE6 zwischen Neuruppin und Kremmen. So sind auf der Umfahrungsstrecke weite Umwege über Oranienburg und das Karower Kreuz nötig. Fraglich ist auch, ob es nicht die Möglichkeit von Teilsperrungen gibt, um zumindest zeitweise weiterhin Fahrmöglichkeiten anzubieten. Es ist kaum zu erwarten, dass an den gesamten 278 km zwischen Berlin und Hamburg durchgehend und gleichzeitig gearbeitet wird. Die Knoten stellen sicherlich Schwerpunkte der Arbeit da, auf freier Strecke geht die Erneuerung aber leichter und schneller. So wäre es denkbar, den Abschnitt von Neustadt/Dosse bis Berlin für einen kürzeren Zeitraum zu sperren oder die S-Bahn von Stendal nach Wittenberg zu einem provisorischen Bahnsteig an der Elbbrücke in Wittenberge zu führen. Somit würden sich für viele Menschen kürzere Belastungen oder andere Umfahrungsmöglichkeiten ergeben. 

Zu wenig Kapazitäten zwischen Falkensee und Berlin
Das Ersatzkonzept für den Berliner Umlandverkehr lässt jegliche Bereitschaft für attraktive Ersatzangebote vermissen. Die Planenden rechnen offensichtlich selbst mit einem Einbruch der Nachfrage. So sieht der Plan für die Strecke Falkensee - Berlin statt bis zu vier Zügen die Stunde gerade mal 1-2 Busse mit deutlich geringerer Kapazität vor. Der Bahnhof Albrechtshof wird ganz aus der Bedienung genommen. „Die lokal verkehrende BVG-Buslinie 237 wird kaum in der Lage sein, relevante Fahrgastmengen zusätzlich zu befördern, da sie bereits jetzt ab dem Bahnhof Berlin- Spandau ausgelastet ist“, schätzt Dr. Wilfried Kramer vom VCD Nordost. Und die Bahnhöfe an der Strecke nach Rathenow bieten keine ausreichenden Pendlerstellplätze für veränderte Mobilitätsroutinen. Das Parkchaos ist dort, ebenso wie an den Bahnhöfen Wustermark und Dallgow - Döberitz, die für ein so hohes Umsteigeaufkommen nicht dimensioniert sind, vorprogrammiert. 

Bedürfnisse der Pendelnden stärker berücksichtigen.
Für Reisende aus dem weiteren Brandenburg kommt es doppelt schlimm. Während für den überregionalen Fernverkehr weitgehend annehmbare Ersatzangebote verkehren (ICE Berlin - Hamburg über Stendal und RE zwischen Berlin und Schwerin über Güstrow) wird Brandenburg aufgegeben. Die Fahrgäste werden übers Land tingeln müssen und dann vor den Toren Berlins, in Wustermark, aus dem Bus entlassen. Dort bestehen Wartezeiten von 30 Minuten und mehr, bevor es nach Berlin weitergeht. „In den späten 1990er Jahren gab es für den RE6 zwischen Berlin und Neuruppin ein Ersatzkonzept mit Doppelstockbussen inklusive Fahrradbeförderung, direkt vom Bahnhof Zoo. Solche Konzepte fehlen jetzt komplett. Attraktive Angebote sind Fehlanzeige“, bewertet Robert Hänsch die vorliegenden Informationen zum Ersatzangebot. 

VCD fordert: Ersatzkonzept überarbeiten 
Der Verkehrsclub Deutschland fordert vom Infrastrukturbetreiber DB InfraGO, von den Verkehrsunternehmen, vom Land Brandenburg, aber auch vom VBB deutlich mehr Engagement, um das Ersatzkonzept nochmal grundlegend zu überarbeiten und dabei auch für Fahrgäste im Regionalverkehr annehmbare Alternativen anzubieten. Auch wenn Fahrzeitverlängerungen nicht zu vermeiden sind, müssen mehr Direktverbindungen, bessere Anschlüsse und bei langen Fahrzeiten auch WC-Angebote und Fahrradmitnahme die Messlatte sein. Bis August ist noch etwas Zeit; Diese sollte sofort genutzt werden, um relevante Alltagsroutinen durch die Verantwortlichen bei Bahn und Land durchzuspielen.

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