Nordost

Nordost, Fußverkehr
VCD Nordost aktuell

Fußverkehr ist anders - Ein Fuß-Vorrangnetz muss deshalb auch anders geplant werden!

Aktuell wird gemäß BerlMobG der Fußverkehrsplan (FVP) erstellt, der analog zum Radverkehrsplan (RVP) auch ein Fußverkehrsnetz enthalten soll, das derzeit entwickelt wird. Aus unserer Sicht ist dabei zu befürchten, dass wie schon beim Radnetz auch hier aufgrund methodischer Mängel kein gutes Ergebnis erzielt wird.

Mehr noch: aufgrund falsch verstandenem Konkurrenzdenken zu anderen Verkehrsarten, insbesondere dem Radverkehr, droht die Planung für ein Fuß-Vorrangnetz an den Besonderheiten und den daraus folgenden besonderen Bedürfnissen des Fußverkehrs völlig vorbeizugehen.

Obwohl der VCD Nordost im Eckpunktedialog zur Erarbeitung des Fußverkehrsteils des BerlMobG wesentlich und konstruktiv beigetragen hat, sind wir leider im „Fußverkehrsgremium“ nicht vertreten und können daher die Entwicklung des FVP nicht direkt begleiten.

Fußverkehr ist grundsätzlich anders als andere Verkehrsarten

Fußverkehr geschieht in aller Regel, zumindest im Alltagsverkehr, nicht bezirksübergreifend auf längeren Strecken, sondern erschließt den Nahbereich. Fußverkehr ist Zubringer zu anderen Verkehrsmitteln, also zur Bushaltestelle oder zu U-Bahn, S-Bahn und Tram, aber auch zum Abstellort des eigenen Autos oder Fahrrades. Nicht zuletzt dient er dem Umstieg zwischen verschiedenen Verkehrsmitteln.

Fußverkehr ist die langsamste Verkehrsart, ist daher besonders umwegsensibel und geht, wo immer möglich den direkten Weg. Wo Radverkehr, z.B. aufgrund eines besseren Fahrbahnbelags, auch mal die nächste oder übernächste Parallelstraße wählt, wird Fußverkehr wo immer möglich diesen Umweg zu vermeiden suchen. Das gilt auch, wenn z.B. die nächste sichere Straßenquerung weit entfernt liegt, während man doch nur den Laden auf der gegenüberliegenden Straßenseite erreichen will.

Anders als ÖPNV und Fahrradverkehr lässt sich Fußverkehr im Alltag daher auch nicht bündeln. Deshalb hilft ein „Netz“ wie für ÖPNV oder Fahrrad auch nicht weiter. Fußverkehr ist am besten gedient, wenn man ihm direkte Wege frei macht und diese auch sicher gestaltet, anstatt ihn mit Drängelgittern, Zäunen oder anderen Barrieren auf Umwege zwingen zu wollen.

All dies muss auch bei der Entwicklung eines „Vorrangnetzes“ für den Fußverkehr berücksichtigt werden.

"Vorrangnetz" verstehen wir dabei als "doppelten Vorrang": Zum einen muss bei der Planung und Gestaltung des jeweiligen Straßenraumes den Bedürfnissen der jeweiligen Verkehrsart konsequent Vorrang eingeräumt werden. Das heißt auch, dass alle anderen Verkehrsarten an dieser Stelle tatsächlich nachrangig sind. Zum anderen ist der Umsetzung des Vorrangnetzes auch zeitlich Vorrang einzuräumen, die Maßnahmen werden entsprechend priorisiert.

Das heißt auch: die Vorrangnetze für die verschiedenen Verkehre sollten möglichst entflochten werden. Denn wo alle Vorrang haben, hat im Ergebnis niemand mehr Vorrang. Überschneidungen zwischen den Vorrangnetzen insbesondere von ÖPNV und Fußverkehr wird und muss es allerdings an wichtigen Umsteigestationen geben.

Für ein Fuß-Vorrangnetz fordert der VCD Nordost:

  • Ein Vorrangnetz für den Fußverkehr ist, anders als bei ÖPNV und Fahrradverkehr, kein geschlossenes Netz bezirksübergreifender Routen, sondern definiert stattdessen Bereiche mit deutlich erhöhtem Fußverkehrsaufkommen, wo diesem daher Vorrang eingeräumt werden muss.
  • Die Definition dieser Vorrangbereiche sollte nicht durch geometrische Figuren im Stadtplan erfolgen, sondern aufgrund tatsächlicher Gegebenheiten vor Ort.
  • Prioritär sind 1. Straßen und/oder Zonen mit starkem Einzelhandel und/oder Dienstleistungen sowie Ortsteilzentren 2. Wichtige Umsteigepunkte des ÖPNV, 3. Schulen und Schulwege.

Eine Entflechtung der Vorrang-Netze des Umweltverbundes wird bisher nicht systematisch angegangen, was zu Flächenkonflikten führt. Auch bei der Festlegung von Vorrangbereichen für den Fußverkehr sollte dies beachtet werden.

Darüber hinaus sind bei allen Neuplanungen von Straßenräumen insbesondere auch möglichst geringe Querungsbreiten für querenden Fußverkehr als Planungsziel festzulegen. Dazu gehören Gehwegvorstreckungen an Ampeln, Überwegen und Querungshilfen. An größeren Straßen braucht es in fußverkehrsgerecht kurzen Abständen sichere Querungsstellen. Straßen sollen verbinden statt zu trennen!

Der VCD Nordost sollte dringend in das Fußverkehrsgremium berufen werden, um absehbare Fehlplanungen zu vermeiden und die „Netzplanung“ möglichst schnell auf die tatsächlichen Bedürfnisse des Fußverkehrs auszurichten!

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