Nordost

Nordost, Radverkehr
VCD Nordost aktuell

Das Fahrrad Vorrangnetz muss tatsächlich als Netz geplant werden!

Es ist absehbar, dass selbst das Vorrangnetz, das im Radverkehrsplan (RVP) festgelegt wurde, realistischerweise nicht bis 2030 vollständig umgesetzt sein wird. Vom Ergänzungsnetz ganz zu schweigen. Das stellt die unangenehme Frage, wie mit dieser Tatsache umgegangen werden soll. Der Schlüssel ist die richtige Priorisierung.

Als Qualitätsmerkmal ist für den VCD Nordost entscheidend, dass bis spätestens 2030 ein flächendeckendes geschlossenes Netz besteht und nicht nur ein Sammelsurium unverbundener Einzelstrecken. Dafür könnte im Gegenzug hingenommen werden, dass die geforderte Netzdichte realistischerweise nicht bis 2030 erreicht wird. Die Netzverdichtung müsste dann aber kontinuierlich und zügig in den Folgejahren vorangetrieben werden.

SenUMVK hat zur Priorisierung, für die Umsetzung welcher Strecken den Bezirken vorrangig eine Finanzierung bereitgestellt wird, eine Bewertungsmatrix entwickelt. Besonders hoch bewertet werden demnach die sogenannten „Quick-Wins“, also Strecken die besonders einfach und daher schnell umgesetzt werden können. Das ist verständlich, wenn das Radnetz nun sichtbar und schnell auf die Straße gebracht werden soll. Nicht erkennbar ist jedoch, inwieweit die so priorisierten Strecken auch wirklich ein Netz ergeben.

Der VCD Nordost fordert daher, auch die „Netzwirkung“ als gewichtigen Faktor in die Bewertungsmatrix aufzunehmen. Auch innerhalb des Vorrangnetzes gibt es mehr oder weniger wichtige Netzbestandteile. So verlaufen auch innerhalb der einzelnen Bezirke zentrale Netzbestandteile, auf denen mehrere Routen gebündelt werden. Gerade wenn deren Umsetzung aus verschiedensten Gründen länger dauert, müssen diese frühzeitig angegangen werden, um bis 2030 wirklich umgesetzt zu sein. Sonst kann von einem geschlossenen Netz keine Rede sein.

Zwar gibt es in der Bewertung auch den Faktor „Netzlücke“. Dies ist aber wesentlich weniger als der geforderte umfassendere Faktor der „Netzwirkung“.

Der VCD Nordost fordert daher: Im Sinne von SMART Zielen bedarf es zur Beschleunigung und Überprüfbarkeit der Umsetzung des Fahrrad-Vorrangnetzes auf Landesebene wie auch in allen Bezirken jeweils eines realistischen, aber verbindlichen und überprüfbaren Maßnahmenplanes, welches Netz bis 2030 umgesetzt sein soll und welche einzelnen Maßnahmen dafür wann umgesetzt werden müssen. Bisher sehen wir in den Vorhabenlisten in den Bezirken wie auch auf Landesebene nur viele Einzelprojekte, die aber kein Netz ergeben.

Dazu bedarf es auch klarer Zuständigkeiten. Die infravelo hat aktuell mehr Planer als alle Bezirke zusammen. Auf der Straße macht sich das bisher nicht bemerkbar. Es sollte klare Kriterien geben, welche Netzteile von der infravelo und welche von den Bezirken nicht nur geplant, sondern auch tatsächlich gebaut werden.

Radschnellverbindungen (RSV) sind im Radnetz bisher nicht enthalten und werden auf den entsprechenden Karten nicht dargestellt. Das führt dazu, dass im Radnetz teilweise an gleicher Stelle Vorrangrouten eingezeichnet sind. Das ist offensichtlicher Unsinn. RSVen sind zentrale Netzbestandteile, an die das Vorrangnetz ausdrücklich anknüpfen soll.

Der VCD Nordost fordert daher: Die infravelo muss alle RSVen, die ja alle eine zentrale und übergeordnete Netzwirkung haben und an die das Vorrangnetz in allen Bezirken anknüpfen soll, bis 2030 fertigstellen. Das muss die vorrangige Aufgabe der infravelo sein und hier muss es endlich zügig vorangehen. Dafür müssen die RSVen auch im Radnetz dargestellt werden.

"Vorrangnetz" verstehen wir dabei als "doppelten Vorrang": Zum einen muss bei der Planung und Gestaltung des jeweiligen Straßenraumes den Bedürfnissen der jeweiligen Verkehrsart konsequent Vorrang eingeräumt werden. Das heißt auch, dass alle anderen Verkehrsarten an dieser Stelle tatsächlich nachrangig sind. Zum anderen ist der Umsetzung des Vorrangnetzes auch zeitlich Vorrang einzuräumen, die Maßnahmen werden entsprechend priorisiert.

Das heißt auch: die Vorrangnetze für die verschiedenen Verkehre sollten möglichst entflochten werden. Denn wo alle Vorrang haben, hat im Ergebnis niemand mehr Vorrang. Überschneidungen zwischen den Vorrangnetzen insbesondere von ÖPNV und Fußverkehr wird und muss es allerdings an wichtigen Umsteigestationen geben.

Eine Entflechtung der Netze wird bisher nicht systematisch angegangen, was zu Flächenkonflikten führt. Beispielsweise werden bei allen Planungen für neue Tramlinie immer auch Radverkehrsanlagen (RVA) auf der gleichen Trasse geplant, weshalb der Vorrang der Tram mit eigenem Gleisbett und Vorrangschaltungen an Ampeln nicht konsequent umgesetzt wird. Als Grund wird angegeben, dass das BerlMobG ja RVA an allen Hauptstraßen vorschreibe. Das ist allerdings nur bedingt richtig: §§ 24 und 25 BerlMobG schreiben vor, bei Flächenkonflikten zu prüfen, welche Trasse auch umgelegt werden kann, um das gewünschte Ziel zu erreichen. Gerade für Radfahrende können so wesentlich attraktivere Routen im Vorrangnetz entstehen als entlang der Hauptstraßen, ohne dass andere Verkehrsarten des Umweltverbundes ausgebremst werden.

Wir sehen: Bei der Fortschreibung des Radverkehrsplanes und des dazu gehörenden Radnetzes gibt es viel zu tun, wenn wir bis 2030 wirklich ein geschlossenes Vorrangnetz haben wollen, das in den Folgejahren natürlich zügig weiter ausgebaut und verdichtet werden muss.

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