Fußverkehr,
Verkehrssicherheit
VCD Nordost aktuell
Am kommenden Samstag 6.7. um 16:30 Uhr wird an der Grunerstraße in unmittelbarer Nähe zum Roten Rathaus eine Gedenkstele für Fabien Martini eingeweiht, die ausdrücklich auch allen Verkehrstoten unserer Stadt gewidmet ist. Damit wird erstmals in Berlin ein dauerhafter Mahn- und Gedenkort für Verkehrstote errichtet. Wir halten das für einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zur #VisonZero. Der VCD Nordost ruft zur Teilnahme auf. Gleichzeitig finden in nur sieben Tagen fünf Mahnwachen statt.
Analog zu den Geisterrädern, die der ADFC für im Verkehr getötete Radfahrende aufstellt, führt der VCD Nordost gemeinsam mit FUSS e.V., Changing Cities und dem ADFC Berlin seit Jahren auch Mahnwachen am Unfallort für alle im Verkehr getöteten Zufußgehenden durch. Auch hier wird jeweils eine symbolische weiße Figur zur Mahnung und zum Gedenken an die Getöteten aufgestellt.
In der Regel werden die Mahnwachen am letzten Wochenende eines Monats durchgeführt, meist samstags, manchmal auch sonntags. So kommt es leider, dass oftmals an einem Tag mehrere Mahnwachen hintereinander stattfinden, wobei die verschiedenen Unfallorte von den Teilnehmenden in der Regel mit dem Fahrrad abgefahren werden. Oft eine schöne Fahrradtour in einer kleinen, aber engagierten und sympathischen Gruppe, wenn auch zu einem traurigen Anlass. In Ausnahmefällen werden auch einzelne Mahnwachen kurzfristig durchgeführt. Die Mahnwachen werden immer mit einem sharepic über unsere Social Media Kanäle, meist auch mit einer Pressemitteilung und in der Regel mit einer Aktiven-Email angekündigt. Vor Ort wird durch Aushänge an Laternen oder in Cafes kurzfristig die Anwohnerschaft auf die Mahnwache aufmerksam gemacht. So erreichen wir manchmal auch Angehörige oder Bekannte des Unfallopfers aus dem Kiez.
Nachdem Ende Mai keine Mahnwachen zustande kamen, hatten sich nun leider mehrere tödliche Unfälle angestaut.
Am Sonntag 30.6. fanden daher gleich drei Mahnwachen statt: In Friedrichshagen für eine 81jährige getötete Fußgängerin, in Friedrichsfelde für eine 88jährige getötete Fußgängerin, in Tempelhof für eine 62jährige getötete Fußgängerin. So makaber es klingt: es waren zwei ganz banale Abbiegeunfälle und einmal das Queren einer Fahrbahn, die drei ältere Frauen jeweils plötzlich aus dem Leben rissen. Eine kleine Kerngruppe von etwa zehn Teilnehmenden fuhr die gesamte Strecke ab und nahm an allen drei Mahnwachen teil, zum Abschluss in Tempelhof am Platz der Luftbrücke stießen ein paar weitere Teilnehmende dazu. Das ist mittlerweile eine traurige Routine, die aber wichtig ist und in der Gruppe auch Kraft und Zuversicht gibt.
An diesem Tag hatten wir bereits Kenntnis, dass am 27.6., wohl im Zusammenhang mit einem Autokorso zur Feier des Sieges in einem Fußballspiel, in Neukölln ein 67jähriger Fußgänger im Verkehr getötet wurde. In der Gruppe beschlossen wir, dafür kurzfristig eine Mahnwache zu organisieren, während die Fußball-Europameisterschaft noch läuft.
Am Dienstag 2.7. fand die Mahnwache am Unfallort in Neukölln, Hermannstraße Ecke Biebricher Straße statt. Obwohl unsere Aushänge offenbar gezielt abgerissen worden waren, nahmen über 60 Teilnehmende (von der Polizei gezählt) an der Mahnwache teil, darunter Ersthelferinnen aus dem benachbarten Cafe, die noch sichtlich unter dem Eindruck des Erlebten standen. Das Unfallopfer war bekannt und beliebt im Kiez. Während der Schweigeminuten auf der Fahrbahn, die von der Polizei für uns gesperrt wurde, wurde es tatsächlich still an der Hermannstraße, auch der Verkehr floss nur noch in einer Richtung im Schritt-Tempo. Für mich war es eine der ergreifendsten Mahnwachen, die ich in all den Jahren erlebt hatte.
Am kommenden Samstag 6.7. werden wir eine weitere Mahnwache abhalten: Um 15:00 Uhr in Spandau am Päwesiner Weg Ecke Brunsbütteler Damm für einen 84jährigen Rollstuhlfahrer. Auch dies ein ganz banaler und völlig überflüssiger Abbiegeunfall, bei dem ein Fahrer beim Linksabbiegen nicht auf den parallelen Fußverkehr an der gleichzeitig grünen Fußverkehrsampel geachtet hatte. Der Unfall geschah bereits am 6. April, der Rollstuhlfahrer starb am 26. April im Krankenhaus, das er seit dem Unfall nicht menhr verlassen hatte. Aufgrund der Entfernungen war es uns nicht möglich, die Mahnwache am gleichen Tag wie die in Friedrichshagen durchzuführen.
Von Spandau fahren wir am Samstag 6.7. zum Roten Rathaus in die Grunerstraße, wo es erstmals in Berlin den Angehörigen eines Unfallopfers ermöglicht wurde, einen dauerhaften Gedenkort am Unfallort einzurichten, der ausdrücklich auch allen Verkehrsopfern unserer Stadt gewidmet ist.
Damit ist eine unserer Forderungen, die wir mit jeder Mahnwache verbinden, erstmals erfüllt. Das sehen wir als Erfolg an. Wir haben die Familie über sechseinhalb Jahre seit dem Unfalltod ihrer Tochter immer wieder begleitet.
Die symbolischen Figuren, die wir bei jeder Mahnwache am Unfallort aufstellen, stehen dort immer nur für begrenzte Zeit.
Nur der VCD Nordost führt eine öffentlich zugängliche ständig aktualisierte Liste aller Verkehrstoten in Berlin, mit der alle Zahlen transparent nachvollziehbar sind. Diese Liste wird zunehmend auch von Presse geschätzt und genutzt, zuletzt in der Berliner Abendschau vom 30.06.2024.