Nordost

Verkehrssicherheit, Pressemitteilung
VCD Nordost aktuell

Zahl der Verkehrstoten im Jahr 2023 erstmals wieder gestiegen

Entgegen einem langjährigen Trend ist im Jahr 2023 die Zahl der Verkehrstoten erstmals wieder angestiegen. Gleichzeitig hat, laut einer Studie der Unfallforschung der Versicherer (UDV), die Aggressivität im Straßenverkehr im Jahr 2023 bundesweit zugenommen, ebenfalls entgegen einem langjährigen Trend. Der Zusammenhang ist offensichtlich.

Pressemitteilung

Berlin, 01.02.2024

So gab es nach unserer Zählung 45 Verkehrstote in Berlin im Jahr 2023, davon 14 Radfahrende und 15 Zufußgehende. Von den Zufußgehenden waren sieben älter als 70 Jahre, weitere vier älter als 60 Jahre.

„Das ist ein Alarmsignal, dass es aktuell in die falsche Richtung geht! Wieder zeigt sich: Es sind vor allem die ungeschützten Verkehrsteilnehmenden zu Fuß und auf dem Fahrrad, die dem Berliner Straßenverkehr zum Opfer fallen. Und es sind auch nicht die vermeintlichen „Kampfradler“, sondern Menschen, die mit dem zunehmend unübersichtlichen Verkehr überfordert sind“ erklärt Heiner von Marschall, Landesvorsitzender des VCD Nordost. „Bei Todesfällen ist in aller Regel der Zusammenstoß mit einem Kraftfahrzeug ursächlich.“

Dass Aggression im Straßenverkehr auch in Berlin, entgegen dem Trend der Vorjahre, im Jahr 2023 wieder zugenommen hat, beobachten auch die Aktiven des VCD Nordost und anderer Verbände. Insbesondere zwischen verschiedenen Verkehrsarten ist nicht nur der Ton in den mobilitätspolitischen Auseinandersetzungen und auch auf Berlins Straßen rauer geworden.

„Zunehmend empfinden manche Autofahrende die Forderung nach mehr sicheren Radspuren auf der Fahrbahn und sicheren Querungen für Fußverkehr als übergriffig und fürchten Revierverlust“ kommentiert von Marschall. „Befeuert wurde dies in Berlin auch durch den Wiederholungswahlkampf, in dem manche Parteien diese Stimmung aufgegriffen und so auch verstärkt haben. Dass das Autofahren gegen als übergriffig empfundene Forderungen nach Flächen für sicheren Fahrrad- und Fußverkehr verteidigt werden müsse, nehmen einzelne leider wörtlich. Die Bereitschaft, das eigene Auto als Mittel zur Durchsetzung vermeintlicher Rechte einzusetzen, hat wieder zugenommen, da viele sich aufgrund öffentlicher Aussagen in der politischen Auseinandersetzung darin bestätigt fühlen.“

Der neue Senat führt zwar die Verkehrssicherheit als oberstes Ziel auf den Lippen, doch die Signale die er aussendet deuten in eine andere Richtung: Die Mobilitätswende wird ausgebremst, baureife Maßnahmen zur Überprüfung zurückgestellt, neue Planungen finden kaum statt. Sichere Radwege ja, aber bitte nicht so schnell, nicht so viele und nicht so breit. Konkrete Maßnahmen für den Fußverkehr, insbesondere mehr sichere Querungen in bedarfsgerecht kurzen Abständen sind nicht in Sicht. Vorrang hat der Erhalt von Parkplätzen und Geschwindigkeitsbegrenzungen sollen systematisch abgebaut werden. Das Mobilitätsgesetz soll autofreundlich reformiert werden.

„Gesprochen wird von einer Mobilitätspolitik für alle, tatsächlich soll die überall sichtbar bestehende Dominanz des Kfz-Verkehrs zulasten anderer nicht angetastet, sondern festgeschrieben werden“ bemerkt von Marschall. „Wir fordern, die #VisionZero im Sinne der Verkehrssicherheit tatsächlich als oberstes Ziel in allen Abwägungsentscheidungen zu verankern.“

Um die Zahlen der Verkehrstoten in Berlin transparent nachvollziehbar zu machen, führt der VCD Nordost seit 2021 eine Liste aller Verkehrstoten in Berlin. Grundlage sind in der Regel Polizeimeldungen, ergänzt durch den Abgleich mit den Berichten der Unfallkommission und der Aufstellung getöteter Radfahrender des ADFC Berlin, vereinzelt auch Medienberichten zu Unfällen, die in den Polizeimeldungen nicht enthalten sind.

Abweichungen zu den offiziellen Zahlen können verschiedene Gründe haben. So gelten Unfallopfer nicht als Verkehrstote, wenn zwischen Unfall und Tod mehr als 30 Tage liegen. Opfer von Straßenbahnunfällen gelten nicht als Verkehrstote, wenn der Unfall auf eigenem Gleisbett passiert, wie zum Beispiel auf der Karl-Liebknecht-Straße am Alexanderplatz, da dies als privates Betriebsgelände und nicht als öffentlicher Straßenraum gilt. Umgekehrt gelten Unfallopfer auch auf Privatgelände als Verkehrstote, wenn dieses für öffentlichen Verkehr vorgesehen ist, wie zum Beispiel auf Kundenparkplätzen des Einzelhandels. Abgrenzungsschwierigkeiten gibt es zum Beispiel bei Privatstraßen oder öffentlich zugänglicher Durchwegung von Privatgeländen.

Stoppt das Sterben auf unseren Straßen!

Unsere Übersicht zu allen Todesopfern im Berliner Straßenverkehr: 

Verkehrstote 2022

Verkehrstote 2023

Verkehrstote 2024


Pressekontakt VCD Nordost:
Heiner von Marschall, Landesvorsitzender
Email Heiner von Marschall – Tel: 0174 465 65 23
www.vcd-nordost.de


Der VCD (Verkehrsclub Deutschland) setzt sich ein für Mobilität für Menschen, ein positives Miteinander aller Verkehrsarten und eine ökologische Verkehrswende. Schwerpunkte sind dabei die Förderung des Umweltverbundes (ÖPNV, Fahrrad und Fußverkehr) und mehr Verkehrssicherheit gerade auch für die schwächeren Verkehrsteilnehmer: Kinder, Ältere und Menschen mit Mobilitätseinschränkungen.

Der VCD Nordost ist der Landesverband für Berlin und Mecklenburg-Vorpommern.

 

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